Azubi-Blog – Teil 4

Hallo zusammen,

ich möchte euch einmal in kurzen Zügen meinen Lehrberuf vorstellen.

Der Begriff Umwelttechnischer Beruf ist ja sehr weit gefächert. Der Wirkungsbereich der Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice beschränkt sich fast ausschließlich auf die Wartung und Instandhaltung der Abwasserrohre und -leitungen.

Jetzt müsst Ihr aber nicht meinen, dass es den ganzen Tag bestialischen Gestank inklusive gibt. Dank modernster Technik kommt es immer seltener vor, dass wir in die Abwassersysteme einsteigen müssen. Die meiste Arbeit in unserem Beruf lassen wir mittlerweile von Rotationswerkzeugen, Robotern, selbstfahrenden Kamerasystemen und LKW´s mit Spezialaufbauten machen.

Unsere Arbeit reicht von der Rohrverstopfung bis hin zur Sanierung

Fangen wir mal bei der typischen Verstopfung im Haus an. Wenn das Waschbecken nicht mehr abläuft, kann man versuchen eine Chemiebombe hinein zu schütten, wodurch man jedoch Gefahr läuft das die Dichtungen der Abwasserrohre im Haus kaputt gehen, oder man ruft den Rohrservice an.

Wir kommen dann und schrauben unter dem Waschbecken den sogenannten Siphon ab und schieben eine Reinigungsspirale in die verstopfte Leitung. Die Reinigungsspirale wird von einem Koffermaschine mit Elektromotor angetrieben. Die Arbeit ist unheimlich spannend und anspruchsvoll, da man nicht sieht, was das Werkzeug macht. Hierfür werden wir geschult, durch Hören und Beobachten der verschiedenen Reaktionen des Werkzeuges zu wissen, was in dem kleinen Rohr in der Wand gerade passiert.

Sehen können wir danach das Ergebnis, da wir eine sogenannte Schiebekamera durch das gereinigte Rohr schieben. Der kleinste Kamerakopf ist 2,5 cm groß, aber durch den Monitor unseres Kamerasystems entgeht uns noch nicht einmal ein Haarriss im Abwasserrohr.

Wenn wir jetzt feststellen, dass das Rohr kaputt ist, zum Beispiel es ist ein Stück weggebrochen, müssen wir entscheiden, wie wir es am besten reparieren.

Hier haben wir mehrere Möglichkeiten, entweder man kommt gut an das defekte Stück heran, dann legen wir ein Stück der Wand oder vom Boden frei und tauschen das Rohr aus. Können wir das Rohr nicht einfach frei legen oder ist das zu teuer, kommt eine grabenlose Reparatur in Frage. Dafür müssen wir genau ausmessen, wo die zu reparierende Stelle ist, dann schneiden wir eine Matte aus Glasfaser zurecht, bestreichen sie mit Harz und wickeln sie um einen Sanierungspacker. Dieser wird dann von uns punktgenau an die Stelle geschoben und aufgeblasen. Die Matte presst sich an die Rohrwand und verklebt dort. Wenn sie ausgehärtet ist, ist das Rohr an der Stelle wieder wie neu.

Unsere Auszubildende werden regelmäßig in verschiedenen Bereichen geschult
Unsere Auszubildende werden regelmäßig in verschiedenen Bereichen geschult

Wir sorgen für saubere Kanäle mit bis zu 500 km/h

Mit unseren LKW´s reinigen wir auf der Straße Kanäle mit einem Durchmesser von bis zu zwei Meter. Dafür jagen die Pumpen auf den LKW´s in jeder Minute 390 Liter Wasser durch einen Druckschlauch. Am Ende des Schlauchs ist eine Spüldüse, durch ihre Einsätze von ca. 2 mm wird das Wasser zu vielen kleinen Wasserstrahlen geformt, die die Rohrwand regelrecht abkratzen.

Wusstet Ihr, dass das Wasser am Ausgang der Spüldüse auf eine Geschwindigkeit von über 500 km/h kommt?

Wenn wir bei der Arbeit von der Straße aus in den Schacht schauen, sieht es da unten immer aus, als würde ein reißender Gebirgsbach durch den Kanal fließen. Da bleibt kein Stein mehr liegen.

Hin und wieder üben wir in der Firma anstatt auf die Baustelle zu fahren. Dann erklärt uns unser Ausbilder zu den verschiedenen Arbeiten den theoretischen Hintergrund, oder wir lernen wie man einen Kurzliner herstellt und danach mit dem Fräsroboter eine Öffnung für einen Anschluss fräst. Das hilft uns auch für den Berufsschulunterricht weiter, weil man die Sachen dann besser verknüpfen kann.

Übrigens, für die Schule sollte man gut in Mathe, Chemie und Biologie sein. Dann schafft man auch nach drei Jahren Lehrzeit die Abschlussprüfung zur Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice, kurz RKI.

So, jetzt muss ich mich wieder meiner Inspektionskamera widmen, die TV-Inspektion wird nach der Lehre mein Spezialgebiet werden.

Tschüss, Euer Richard